Dem Lebensende die Schwere nehmen
Der Tod als Normalfall des Lebens – Sterbebegleiterin Johanna Klug berichtet vom Abschiednehmen.
Vielleicht war es die Konfrontation mit der Konsequenz der Endlichkeit, der Johanna Klug in ihrer Kindheit ausgesetzt war, als sie und ihre Eltern nicht wussten, ob sie eine unerklärte Krankheit überleben wird. Vielleicht war es auch nur die Angst der Eltern, die sie fühlte. Angst wovor?
Das Thema Sterben hat sie nicht losgelassen, auch als sie ihre Krankheit besiegt hatte und sie die Erleichterung der Eltern darüber deutlich spürte. Kein Wunder also, dass sie als Teenie ihre freie Zeit in einem Altenheim verbrachte, indem sie sich dort nützlich machte.
Die Umgebung dort beeindruckte sie weniger als ihre Begegnung mit den Alten in ihrer letzten Lebenszeit. Mit offenen Augen und Ohren nahm sie auch wahr, was anderen verborgen blieb oder in der Routine der Tagesaufgaben aus dem Blickfeld geriet: Das nahe Ende der Bewohner des Hauses war allgegenwärtig, aber keiner verlor viele Worte darüber – manche kein einziges.
Ob die Sprachlosigkeit aus Angst geboren war oder man sich nichts mehr zu sagen hatte, weiß Johanna Klug damals noch nicht. Was sie aber spürt: Über das Lebensende müssen Menschen miteinander reden – die einen, die gehen, mit den anderen, die noch bleiben. Wenn sich die Angst vor dem Tod und die Zeit danach zeigen, ist das eine Form, ihr zu begegnen.
Das Gefühl und die Professionalität
Johanna Klug weiß, dass für eine überzeugende Arbeit als Trauer- und Sterbebegleiterin eine Ausbildung nötig ist, auch wenn sie Vieles aus dem Bauch heraus richtig macht.
Das Gefühl, sie vermag als Lebensfreund Sterbende bis zu ihrem Ende begleiten, ist nicht nur ein Gefühl, es scheint ihre Berufung zu sein. Um auf der Palliativstation professionell agieren zu können, lässt sie sich als Trauer- und Sterbebegleiterin ausbilden.
Neben ihrem Studium der Fächer Medienmanagement und Digitale Kommunikation bleibt Johanna Klug als wissenschaftliche Mitarbeiterin ihrem Thema treu: Perimortale Wissenschaften als interdisziplinärer Masterstudiengang der Universität Regensburg.
Ihre Reisen in Länder mit fremden Kulturen ermöglichen ihr einen anderen Blickwinkel auf das Leben und den Tod und erfährt, dass es Wege gibt, dem Tod das Bedrohliche zu nehmen.
Nah bei den Menschen
Mit ihrer Jugendlichkeit kommt Lebensfreude dorthin, wo sie meist nicht erwartet wird: in den Räumen der Patienten der Palliativstation. Mit einem guten Gespür, zwischen den Sterbenden und den Zugehörigen verbindend zu wirken, macht Johanna Klug die Zeit bis zum Ende des Lebens vielen leichter.
Johanna Klug hat erkannt, dass nicht nur Angehörige zu den Nächsten gehören, sondern auch Freunde, Nachbarn und Kollegen. Ihre langjährigen Erfahrungen, dass es manchmal Fremden mit mehr emotionaler Distanz zum Geschehen leichter fällt, das Notwendige auf den Weg zu bringen, hilft allen und ihr selbst.
Mit Respekt nennt sie sie Zugehörige und gibt ihnen Raum und Unterstützung bei all dem, was es zu besprechen und zu erledigen gibt. Sie weiß, dass es der Trost in der Situation, aber auch die unterstützende Hilfe ganz praktischer Art sind, die die Menschen in dieser Zeit benötigen und dass das gemeinsame Lachen am Ende des Lebens erlaubt sind.
Die Arbeit als Trauer- und Sterbebegleiterin empfindet Johanna Klug als Geben und Nehmen. Sie ist nicht nur Unterstützer, sondern auch Mutmacher, das Thema Lebensende und den Tod als Teil des Lebens zu betrachten, um gut vorbereitet in die Zeit danach gehen zu können.
Keine Angst vor dem Tod und den eigenen Gefühlen macht frei für einen friedlichen und liebevollen Abschied.
Sie selbst erfährt zunehmend mehr durch ihre Arbeit mit den Sterbenden, was Lebendigkeit bedeutet, dass die Oberflächlichkeit nichts mit Lebensfreude gemeinsam hat und kleine Dinge großen Wert besitzen können. Erinnerungen schaffen, die den Zu- und Angehörigen als Schatz lebenslang bleiben und die Verbindungen zu den Verstorbenen erhalten, gehört auch dazu.
Ihre Arbeit – über die Sterbebegleitung hinaus
Johanna Klug geht verschiedene Wege, Menschen für das Thema Sterbebegleitung, Tod und Trauer aufzuschließen. Sie interviewt interessante Persönlichkeiten, ist mit Lesungen, mit Seminaren, mit Coaching, in Sterbebegleitungen und als Speakerin unterwegs – es ist ihr Anliegen, das Thema Tod und Sterben auch in Deutschland mehr in die Öffentlichkeit zu tragen.
Mit ihren Vorträgen an Schulen schafft Johanna Klug den Kindern einen geschützten Raum für das Thema. Ihre Jugendlichkeit und frische, freudvolle Art bilden dabei eine Brücke, über die die Kinder meist unbefangen gehen, um sich dem Ziel, die Kinder für das Thema aufzuschließen, näherzukommen.
Wenn ein Kind sagt, ich weiß noch, wie es war, … ich habe alles noch in meinem Kopf, hatte das Kind das Glück, am Lebensende eines geliebten Menschen nicht am Rande gestanden zu haben.
Johanna Klug hat bemerkt, dass der Tod den Kindern noch viel zu oft verborgen gehalten wird. Es gilt, den Kindern den Schrecken davor zu nehmen und den Eltern Mut zu machen, die Angst vor den eigenen Gefühlen zu nehmen. Der Weg dahin ist die Kommunikation und die sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema Sterben dann, wenn Zeit und Raum sie möglich machen.
Johanna Klug wehrt sich gegen den Umgang mit Sterbenden, der die Menschen am Lebensende eher zum Objekt des Geschehens macht. Mit dem Thema ihrer Promotionsarbeit „Patient*innenautonomie todkranker Kinder“ setzt sie sich damit verstärkt auseinander.
Bücher mit Feingefühl – aufschließen und teilhaben lassen
Mit ihren Büchern lässt Johanna Klug die Leser an ihrem Erleben auf der Palliativstation teilhaben und gewährt zugleich Einblicke in die ehrenamtliche Arbeit der Sterbebegleitung.
„Mehr vom Leben“, erschienen im Kösel-Verlag; 11. Oktober 2021, wird schnell zum Bestseller – der SPIEGEL-Bestsellerliste im Jahr 2022 liegt es auf Platz 25.
Auch ihr neues Buch „Liebe den ersten Tag vom Rest deines Lebens: Zehn Einsichten Sterbender, die uns erfüllter leben lassen“, erschienen in GRÄFE UND UNZER Edition, 4. Oktober 2022, liegt schnell auf einem der obersten Ränge.
„Auf all den Reisen mit Sterbenden herrscht für mich das pure Leben in allen Facetten. Wenn ich diese Menschen begleite, erscheint mir das Leben reicher an Qualität und emotionaler Tiefe – reicher, als es mir in unserem normalen Alltag oft begegnet. Unverfälscht, echt und pur.“
(aus: Vorwort „Liebe den ersten Tag vom Rest deines Lebens: Zehn Einsichten Sterbender, die uns erfüllter leben lassen“ Johanna Klug)
Die Presse erkennt ihr Ziel:
„Johanna Klug will das Thema Sterben aus der Tabu-Ecke holen.“ (aus: Frankfurter Allgemeine Zeitung)
„Ein großartiges Buch, das tröstet und zeigt, dass unser tabuisierter Umgang mit dem Tod zu einem Mangel an Leben führt.“ (Tobias Haberl, Süddeutsche Zeitung Magazin)
Das Thema enttabuisieren – mit Medienpräsenz zum Ziel
Johanna Klug stellt sich seit 2020 in einer Vielzahl von Interviews und Podcasts den Fragen der Journalisten, die in zahlreichen Presseartikeln verschiedener Zeitungen und Magazinen ihren Niederschlag finden.
Live oder in Aufzeichnungen von Beiträgen regionaler Rundfunk- und Fernsehsendungen lernt man Johanna Klug kennen: Eine junge Frau mit einem Lachen im Gesicht und sympathischer Stimme.
Mit Respekt vor den Menschen, die dem Ende ihres Lebens entgegensehen und vor den zurückbleibenden An- und Zugehörigen macht sie sich stark für die Notwendigkeit der Enttabuisierung dieses Themas.
Quellen:
www.n-tv.de/leben/Wenn-der-Tod-das-Leben-bereichert-article23163985.html
www.amazon.de
www.ndr.de
www.endlichendlos.de