Abschied kann ein langer Weg sein
Der Abschied von jemanden, der sterben wird, erfordert Einfühlungsvermögen, Geduld und Respekt
Für viele Menschen ist der Tod ein Tabu, über das sie nicht sprechen. Dabei ist das Sterben von Angehörigen nicht nur ein unausweichlicher Bestandteil des Lebens, sondern aus psychologischer Sicht das Ereignis, das am meisten traumatisiert. Selbst wenn man weiß, dass die Eltern, Großeltern, Geschwister, Freunde und manchmal sogar Kinder sterben müssen, ist es nicht einfach, die Trauer zu verarbeiten. Mentale Vorbereitung kann dabei helfen, einen baldigen Tod von Angehörigen besser zu verkraften. Außerdem hilft es auch vielen todkranken Betroffenen, wenn wichtige Dinge rechtzeitig geregelt und besprochen werden. Die Frage, ob man sich auf den Tod eines nahen Angehörigen vorbereiten kann, lässt sich klar mit “ja” beantworten. Es ändert zwar nichts an den Tatsachen, kann die Folgen des Ablebens jedoch etwas erträglicher machen. Unterscheiden muss man zudem zwischen der psychischen und der organisatorischen Vorbereitung auf das Sterben.
Bewusst Abschied zu nehmen ist eine Chance, die nicht alle bekommen
Die Umstände des Todes sind eine sehr individuelle und persönliche Angelegenheit. Tritt der Tod aufgrund eines Unfalls, einer plötzlichen Erkrankung oder auf andere Weise unerwartet ein, fehlt häufig die Möglichkeit, Abschied zu nehmen. Menschen, die eine lebensverkürzende Diagnose bekommen oder aus Altersgründen keine sehr hohe Lebenserwartung mehr haben, erhalten hingegen die Chance, sich rechtzeitig um alle anstehenden Dinge zu kümmern. Dazu zählen neben zwischenmenschlichen Angelegenheiten auch die medizinische und rechtliche Vorsorge. Es ist vielen Menschen überhaupt nicht bewusst, wie sehr sie ihre Angehörigen von schweren Entscheidungen und finanziellen Auswirkungen entlasten können, indem sie sich rechtzeitig darum kümmern.
Miteinander reden, bevor es zu spät ist
Ein häufiger Grund für psychische Belastungen sind ungeklärte zwischenmenschliche Beziehungen. Wenn beispielsweise der Vater stirbt, ohne dass man den seit Jahren schwelenden Konflikt gelöst hat, bekommt man keine Gelegenheit mehr zur Aussprache. Es ist nicht immer einfach, die Dinge beim Namen zu nennen. Gerade wenn jemand todkrank ist und nicht mehr viel Zeit hat, ist es sicherlich nicht hilfreich, einen alten Streit auszugraben und wiederzubeleben. Daher sollte man das auch nur tun, wenn die Chance auf eine Beilegung des Konflikts besteht. Andererseits sollte man aber auch keine unangenehmen Themen aussparen, die auf der Seele lasten. Das gilt sowohl für die Angehörigen als auch für die Person, deren baldiger Tod bevorsteht. Selbstverständlich sollen nicht nur Konflikte und unangenehme Dinge besprochen werden. Es hilft Angehörigen wie Sterbenden sehr, sich positiv mit dem bisherigen Leben auseinanderzusetzen. Das gemeinsame Erinnern an bessere Tage und schöne Erlebnisse kann von der traurigen Wahrheit ablenken und das Bevorstehende erleichtern. Auch Gegenstände, Haustiere oder (sofern noch eine Reisefähigkeit vorhanden ist) bestimmte Orte können dazu beitragen, in Frieden Abschied zu nehmen. Viele Patienten, denen noch eine gewisse Zeit verbleibt, arbeiten sogenannte “Bucket Lists” ab. Darauf stehen Dinge, die man noch erleben oder erledigen wollte, aber nie Zeit dazu hatte. Jetzt oder nie ist die Devise. Natürlich sollte man die Dinge nach Prioritäten und Realisierbarkeit einteilen, um möglichst viel davon zu schaffen. Dabei können Angehörige sehr hilfreich sein.
Auch andere Freunde und Angehörige sollten Gelegenheit bekommen, Abschied zu nehmen
Es gibt vielleicht Freunde und andere Angehörige, die noch nichts vom baldigen Tod der geliebten Person wissen. Diese sollte man möglichst unverzüglich informieren, um ihnen die Chance zum Abschiednehmen zu geben. Das gilt insbesondere auch für Kinder, die häufig von den Ereignissen ausgeschlossen werden. Allerdings sollte man dabei die Wünsche des Sterbenden in jedem Fall beachten, denn vielleicht ist nicht jeder am Sterbebett willkommen
Ängste vor dem baldigen Tod annehmen und thematisieren
Es ist normal, sich vor dem Ungewissen zu fürchten. Allerdings fürchten sich die meisten nicht vor dem baldigen Tod, sondern eher vor einem qualvollen Sterben. Die Angehörigen fürchten diese Phase ebenso wie der Betroffene; oft sogar mehr. Ängste im gegenseitigen Gespräch zu thematisieren, kann allen Beteiligten helfen. Oft machen sich beide Seiten unnötige Sorgen und Gedanken, die auf Missverständnissen beruhen. Vertrauen ist dabei am wichtigsten. Niemand sollte befürchten müssen, den anderen über Gebühr zu belasten. Wenn die Mutter stirbt, will sie niemandem zur Last fallen, am allerwenigsten den eigenen Kindern. Daher wird die eigene Furcht oft überspielt und eigene Bedürfnisse werden unterdrückt. Das gilt selbstverständlich auch für die Angehörigen, die den sterbenden Menschen nicht mit ihren eigenen Problemen konfrontieren möchten. Wer zum ersten Mal mit dem baldigen Tod eines Angehörigen direkt konfrontiert ist, fühlt sich oft hilflos. Es kann sehr helfen, sich mit Ärzten, Pflegepersonal, Seelsorgern, Sozialdiensten und auch Psychologen auszutauschen. Für diese Menschen ist der Umgang mit todkranken Patienten Alltag und sie können viele Befürchtungen oder Sorgen abdämpfen, die medizinische, soziale und finanzielle Fragen betreffen.
Medizinische und organisatorische Vorbereitung auf den baldigen Tod
Man muss nicht bis zu einer tödlichen Diagnose warten, um die wichtigsten Angelegenheiten zu regeln. Tatsächlich ist es sehr zu empfehlen, bereits frühzeitig Vorsorge zu treffen und Wünsche zu kommunizieren, denn nicht immer hat man noch viel Zeit, um selbst etwas zu erledigen. Ein plötzlicher Schlaganfall oder auch ein Verkehrsunfall können Menschen direkt aus dem Leben reißen oder sie zumindest in ihrer Handlungsfähigkeit so beschränken, dass sie keine Entscheidungen mehr treffen können. Für den Pflege- oder Sterbefall sollten daher die folgenden Maßnahmen ergriffen werden:
– Patientenverfügung hinterlegen. Sie klärt, welche Art von medizinischer Behandlung gewünscht ist und wann die Behandlung nicht mehr fortgesetzt werden soll. Eine Patientenverfügung ist rechtsverbindlich. Damit den Wünschen des Patienten entsprochen werden kann, sollten Angehörige und behandelnde Ärzte darüber informiert sein, wo die Verfügung zu finden ist bzw. welchen Inhalt sie hat.
– Betreuungsvollmacht erteilen. Sie ermöglicht es, Angehörigen oder anderen Vertrauenspersonen Vollmacht über medizinische und/oder finanzielle Angelegenheiten zu geben. Dazu zählen etwa die Vermögensverwaltung, der Schriftverkehr oder das Regeln der Wohnverhältnisse.
– Testament verfassen. Wer nicht möchte, dass die gesetzliche Erbfolge eintritt oder keine gesetzlichen Erben wie Kinder oder Ehepartner hat, kann in einem Testament festlegen, wie mit dem Nachlass verfahren werden soll. Ein Testament kann jeder handschriftlich oder mit Hilfe eines Anwalts bzw. Notars verfassen. Damit es gefunden wird, sollte es entsprechend hinterlegt werden. Das geht auch beim Nachlassgericht.
– Versicherungen für den Sterbefall abschließen. Eine Sterbeversicherung übernimmt Beerdigungskosten, die für Angehörige zur großen Belastung werden können. Um Hinterbliebene zusätzlich finanziell abzusichern, ist eine Lebensversicherung zu empfehlen. Je früher man sie abschließt, desto besser, denn es gibt in der Regel Wartezeiten. Wer bereits eine tödliche Diagnose hat, bekommt keinen Versicherungsschutz.#
Trauer erleichtern durch gute mentale Vorbereitung
Die Trauerverarbeitung beginnt nicht erst mit dem tatsächlichen Ableben, sondern bereits bei Erhalt der Nachricht, dass der Tod in absehbarer Zeit bevorsteht. Sowohl die betroffenen Patienten selbst als auch Freunde und Angehörige reagieren häufig nach den klassischen Mustern der sogenannten fünf Stufen der Trauer:
– Verleugnung der Tatsachen (man will es einfach nicht wahrhaben)
– Wut (je aussichtsloser die Situation, desto größer der Zorn auf Gott und die Welt)
– Verhandeln (man versucht, mit dem Schicksal, den Ärzten oder auch Gott zu verhandeln, um noch etwas Zeit zu gewinnen)
– Resignation (Verzweiflung setzt ein, wenn man erkennt, dass alles Hadern und Verhandeln nichts ändert)
– Akzeptanz (man fügt sich in das Unvermeidbare und versucht, sich damit so gut wie möglich zu arrangieren)
In welcher Reihenfolge und Geschwindigkeit Menschen ihre Trauer verarbeiten, ist individuell unterschiedlich. Manche überspringen eine oder mehrere Phasen oder pendeln hin und her. Einige akzeptieren die Wahrheit nie und ignorieren sie bis zum Ende. Letztlich kann man sich aber nicht gegen den Tod wehren. Sind alle sinnvollen medizinischen Möglichkeiten ausgeschöpft, entscheiden sich viele Patienten dafür, die letzten Tage und Wochen möglichst gut zu nutzen, ihre Lebensqualität so gut wie möglich zu erhalten und die Zeit mit den Menschen (oder auch Tieren) zu verbringen, die ihnen viel bedeuten. Das hilft auch den Angehörigen, den bevorstehenden Verlust zu verarbeiten.
Quellenangaben:
- https://www.malteser.de/dabei/familie-freundschaft/mit-dem-tod-von-freunden-umgehen-den-lebensmut-bewahren.html
- https://www.aachener-zeitung.de/ratgeber/familie/vorbereiten-aufs-sterben-ein-schwieriges-aber-wichtiges-verfahren_aid-68735493
- https://de.wikihow.com/Dich-auf-den-Tod-einer-geliebten-Person-vorbereiten