Über Traueranzeigen zur Abzocke
Kriminelle Enkeltrick-Betrüger nutzen das Leid meist älterer Menschen, um diese zu bestehlen.
Fast wären die 12.000 Euro schon weg gewesen, da schnappt die Falle zu. Ein Gauner-Pärchen glaubte im nordrhein-westfälischen Lippstadt den großen Coup gelandet zu haben. Mittels Schockanruf hatten sie ihr Opfer dazu gebracht, ihnen den hohen Geldbetrag auszuhändigen, um angeblich einem Verwandten aus einer brisanten Notsituation zu helfen. In Wirklichkeit sollte das Geld aber in den dunklen Kanälen der Enkeltrick-Mafia verschwinden, um dort in teuren Schmuck, Edelklamotten oder Luxusautos umgesetzt zu werden.
Doch der Mann und die Frau (48 und 36 Jahre alt) hatten die Rechnung ohne die hessische Polizei gemacht. Diese hatte die sogenannten Abholer schon wochenlang und über mehrere Landes- und Staatengrenzen hinweg heimlich beobachtet. In Lippstadt wurde dann eine konkrete Geldübergabe überwacht, das Gangster-Paar kurz darauf festgenommen. Die erschwindelte Geldbeute konnte sichergestellt werden und landete danach wieder beim rechtmäßigen Besitzer.
Spur führt ins Schockanruf-Milieu
Dem geschnappten Gaunerpärchen droht eine Haftstrafe von bis zu zehn Jahren. Doch die Drahtzieher sitzen weit weg im Ausland – beispielsweise in einem Villenvorort der polnischen Hauptstadt Warschau. Vollkommen sicher sind sie dort aber keinesfalls. Kürzlich vollzog die polnische Polizei, die in diesem Fall eng mit ihren Kollegen in Deutschland zusammengearbeitet hat, eine großangelegte Razzia im Enkeltrick-Milieu, aus dem in letzter Zeit auch zunehmend mehr Schockanrufe gestartet werden. Sichergestellt wurden unter anderem drei Porsches, Handys, Laptops und eine große Menge Bargeld.
Auch Künstliche Intelligenz kommt zum Einsatz
Dabei nutzen die Täter auch modernste Technik. Beispielsweise kommen neuerdings etwa folgende Betrugsmaschen mittels KI zum Einsatz:
- Sprachsynthese und Sprachmimik: KI kann dazu verwendet werden, menschenähnliche Stimmen zu synthetisieren, die sich authentisch anhören. Dadurch können Betrüger Telefonanrufe tätigen, die für die Opfer täuschend echt wirken. Fortschrittliche Sprachsynthesealgorithmen ermöglichen es der KI, Emotionen und Nuancen in der Stimme zu imitieren, um den betrügerischen Anruf überzeugender zu gestalten.
- Automatisierte Gesprächsführung: KI kann in der Lage sein, automatisierte Gespräche zu führen, die auf die individuellen Informationen aus Traueranzeigen zugeschnitten sind. Die Betrüger können mithilfe von Algorithmen personalisierte Szenarien erstellen, um die Opfer zu täuschen. Dies könnte beispielsweise die Erwähnung von spezifischen Verstorbenen, Verwandtschaftsverhältnissen und anderen persönlichen Details beinhalten, um das Vertrauen zu gewinnen.
- Analyse von Traueranzeigen: KI kann verwendet werden, um große Mengen von Traueranzeigen effizient zu analysieren und relevante Informationen zu extrahieren. Durch den Einsatz von maschinellem Lernen können Algorithmen Muster und Zusammenhänge in den Traueranzeigen erkennen, um potenzielle Ziele für die Betrügereien zu identifizieren.
- Social Engineering: KI kann auch dazu verwendet werden, personalisierte Phishing-Nachrichten oder E-Mails zu generieren, die auf den Informationen aus den Traueranzeigen basieren. Dies könnte dazu dienen, die Opfer zu täuschen und dazu zu verleiten, sensible Informationen preiszugeben oder auf betrügerische Links zu klicken.
Dazu rät die Polizei
- Augen auf, wenn im Telefondisplay die 110 erscheint. Unter dieser Nummer ruft die Polizei niemals an – das machen nur Betrüger. Wenn sich ein Revier meldet, dann immer unter der Nummer der jeweiligen Wache.
- Fragen, fragen, fragen! Ein echter Polizeibeamter wird gern seinen Dienstgrad, die Abteilung, die Dienstnummer und andere relevante Informationen herausgeben. Im Zweifelsfall hilft es, einen Rückruf zu vereinbaren und dann das entsprechende Polizeirevier selbst wieder anzurufen.
- Sollte der Anrufer Druck ausüben und versuchen, den Gesprächspartner zu verunsichern – einfach auflegen.
- Die Polizei wird niemals dazu auffordern, Geld oder Wertsachen zu übergeben.
- Niemals persönliche oder finanzielle Details preisgeben.
- Ziehen Sie eine Vertrauensperson hinzu oder informieren Sie über den Notruf 110 die echte Polizei, wenn Sie unsicher sind.
- Beachten Sie, dass die Behandlung eines Unfallopfers niemals von einer vorherigen Zahlung eines Geldbetrages abhängig ist, gleiches gilt für Personen, die sich im Polizeigewahrsam befinden.
- Falls Sie bereits Opfer eines solchen Betrugs wurden, nehmen Sie umgehend Kontakt mit Ihrer örtlichen Polizeidienststelle auf und erstatten Sie Anzeige, um den Sachverhalt zu dokumentieren.