Trauernde Mitarbeiter – darauf kommt es an
Ein Kollege wird von einem Trauerfall betroffen. Was kann man tun, um zu helfen.

Die Trauer ist ein natürlicher Prozess und trifft jeden Menschen im Lauf seines Lebens. Ob mit Vorankündigung oder plötzlich aus dem Leben gerissen – es entsteht eine tiefe Wunde, die Zeit braucht, um zu heilen. Von Angehörigen, Kollegen und Vorgesetzten ist an dieser Stelle sehr viel Einfühlungsvermögen, Feingefühl und taktisches Vorgehen gefragt: „Was sagt man, wenn jemand gestorben ist?“ Der plötzliche Tod eines nahen Angehörigen stellt dabei nicht nur die Betroffenen vor eine große Herausforderung, sondern auch das unmittelbare Umfeld im Unternehmen. Worauf Vorgesetzte achten müssen, wie sie Kollegen unterweisen können und welche Verhaltensweisen nun angebracht sind, soll im vorliegenden Artikel näher erläutert werden.
Die Trauer am Arbeitsplatz
Es gibt zahlreiche Seminare, die Führungskräfte auf bevorstehende Situationen vorbereiten. Wie werden Mitarbeiter optimal geführt? Wie motiviere ich meine Mitarbeiter? Was kann ich als Führungskraft tun, um Stresssituationen vorzubeugen? Welche Präventionsmaßnahmen können getroffen werden, um Burn-out gar nicht erst entstehen lassen? Der optimale Umgang mit Mitarbeitern, die vor Kurzem einen nahen Angehörigen verloren haben, findet dabei viel zu wenig Beachtung, obwohl es sich um ein wichtiges Thema handelt. Der Tod von nahen Angehörigen ereilt jeden Mitarbeiter irgendwann im Lauf seines Lebens und auch die Arbeitswelt ist davon betroffen. Nicht immer handelt es sich dabei um die Eltern oder ältere Verwandte, auch Ehepartner, Lebenspartner oder sogar Kinder können urplötzlich aus dem Leben gerissen werden. Vorgesetzte sollten trauernde Mitarbeiter ansprechen.
Betroffene befinden sich in einem Schock, insbesondere dann, wenn es sich um einen plötzlichen Todesfall handelt. Handelt es sich um den Tod des eigenen Kindes oder des Lebenspartners, kommt das einer Krise gleich. Trauernde Mitarbeiter haben das Gefühl, als wenn ein Teil von ihnen abgestorben wäre. Das Leben ergibt keinen Sinn mehr und viele haben Mühe damit, ihrer alltäglichen Routine zu folgen.
Aber nicht nur für die trauernden Mitarbeiter selber stellt die Situation eine große Herausforderung dar, sondern auch für die Kollegen und Vorgesetzten. Die Unsicherheit ist groß: Wie verhalte ich mich gegenüber dem Mitarbeiter optimal? Welche Unterstützung kann ich ihm bieten? Sollte ich auf ihn direkt zugehen und meine Hilfe anbieten? Oder zieht er es vor, den Prozess vollständig alleine zu bewältigen? Besteht überhaupt Redebedarf?
Es gibt keine allgemeingültige Lösung für diese besondere Situation. Es hängt zum großen Teil von der Persönlichkeit des Mitarbeiters ab. Während einige unmittelbar danach wieder in das Leben finden und den Prozess schnell bewältigen, fallen andere für längere Zeit in ein tiefes Loch, wo sie dringend Unterstützung von außen benötigen. Die Verhaltensweisen sollten aus diesem Grund in jedem Fall individuell auf den jeweiligen Mitarbeiter und seinen Bedürfnissen angepasst werden.
Der erste Kontakt zum Trauernden
Haben Unternehmen vom Trauerfall erfahren, liegt es in der Verantwortung des Unternehmens, einen möglichst sensiblen Umgang zu praktizieren. Sie nehmen die Verantwortung des Unternehmens wahr, indem Sie mindestens ein Kondolenzschreiben verfassen. Dieses sollte kein Standardschreiben sein, welches Sie in der Datenbank nur abgespeichert haben und nach Bedarf ausdrucken können, sondern Sie sollten dieses individuell verfassen. Das Unternehmen sollte bereits in diesem Anschreiben auf Unterstützung verweisen und anbieten, auf den Vorgesetzten zuzukommen, wenn Hilfe benötigt wird.
Handelt es sich um einen Mitarbeiter, wo das Vertrauensverhältnis bereits größer ist, kann auch ein persönlicher Besuch infrage kommen. Auf diese Weise nehmen Vorgesetzte Anteilnahme am plötzlichen Todesfall. Weiß der Vorgesetzte, dass ein besonderes Vertrauensverhältnis zu einem anderen Kollegen vorhanden ist, kann auch dieser zu dem Mitarbeiter geschickt werden, um Anteilnahme auszudrücken und weitere Unterstützung anzubieten.
Hilfe im Arbeitsumfeld
Nach einer Arbeitsunfähigkeit wird der Mitarbeiter wieder zur Arbeit erscheinen. Viele betroffenen Mitarbeiter entscheiden sich nach einer Arbeitsunfähigkeit sogar relativ schnell für diesen Schritt, weil die Arbeit der Ablenkung dient. Sinnvoll ist es nicht, den trauernden Mitarbeiter jeden Tag zu fragen, wie es um seinen psychischen Zustand bestellt ist. Sicher ist, dass ein plötzlicher Todesfall eine psychische Belastung darstellt. Bekommt der Mitarbeiter aber das Gefühl, dass er bemitleidet wird, verschlimmert dieser Umstand die Situation sogar noch. Es ist nicht verkehrt, von Zeit zu Zeit nach dem derzeitigen Befinden zu fragen, dem Mitarbeiter anzubieten, ein Gespräch zu führen, wenn Redebedarf besteht. Die Arbeit als Ablenkung hilft allerdings nur, wenn der Mitarbeiter nicht das Gefühl bekommt, ständig mit Samthandschuhen angefasst zu werden.
Wie die Hilfe im Unternehmen realisiert wird, hängt von den Bedürfnissen des jeweiligen Mitarbeiters ab. Während die einen sich unmittelbar wieder mit der Arbeit identifizieren müssen, brauchen andere wiederum Zeit und Raum, sich zurückziehen zu können. Im letzteren Fall ist es sinnvoll, die Herausforderungen in der Arbeit möglichst gering zu halten.
Wie kann der Vorgesetzte seine Unterstützung anbieten?
Je nach individueller Verfassung können Vorgesetzte dem Mitarbeiter eine vorübergehende Freistellung von der Arbeit anbieten. Möchte der Mitarbeiter trotzdem seiner Arbeit nachgehen, weil er die Arbeit als Ablenkung sieht und nicht in eine größere Krise stürzen möchte, können auch flexiblere Arbeitszeiten eine Alternative sein. Nun kommt es darauf an, um welchen Angehörigen es sich handelt. Je nachdem kommen große organisatorische Aufgaben auf den Mitarbeiter zu. So muss nicht nur die Beerdigung organisiert werden, sondern auch Versicherungen informiert, die Wohnung aufgelöst und sich um die Kinder gekümmert werden. Eine Freistellung oder flexiblere Arbeitszeiten bewirken, dass sich der Mitarbeiter wertgeschätzt fühlt.
Was sollten Sie dem Mitarbeiter auf keinen Fall sagen?
Es gibt bestimmte Standardfloskeln, die gerne im Todesfall gesagt werden, die diese Situation nicht erleichtern, sondern verschlimmern können. Zu diesen Sätzen zählen:
- Das Leben geht weiter
- Sie werden darüber hinwegkommen
- Ihr Angehörige ist jetzt von seinen Schmerzen erlöst
- Ihrem Vater, Ihrer Mutter oder Tante geht es jetzt besser
- Es war der Wille Gottes
Auch Erzählungen aus eigenen Erfahrungen bringen nichts, um den Schmerz des Betroffenen zu lindern.
Wie viel Zeit sollte dem Betroffenen eingeräumt werden?
Es ist ein normaler Prozess, dass es immer wieder Rückschläge geben wird. Der Mitarbeiter wird möglicherweise unkonzentrierter sein, die Leistungsfähigkeit wird nachlassen, es werden öfter Fehler passieren. Vielleicht sind Ausfälle in Form von Krankheiten auch keine Seltenheit. Während es Mitarbeiter gibt, die sehr schnell wieder auf ihrem normalen Level sind, zieht es sich bei anderen unter Umständen über Monate hinweg. Arbeitgeber sollten dem Mitarbeiter die Zeit geben, die er benötigt, um die Trauer zu bewältigen. Und dieser Prozess fällt bei jedem Mitarbeiter individuell verschieden aus.
Ist die Leistungsfähigkeit massiv beeinträchtigt und beeinträchtigt dies bereits den Betrieb, sollten Vorgesetzte das Gespräch mit dem Mitarbeiter suchen. Vorgesetzte sollten offen über die Probleme sprechen und die Kritik einfühlsam äußern. Regelmäßig sollte Unterstützung angeboten werden, um diesen Umstand zu beseitigen. Es sollte nicht ein einmaliger Dialog geführt werden, sondern regelmäßige Mitarbeitergespräche erfolgen. So können Vorgesetzte nicht nur Auffälligkeiten äußern, sondern auch darauf eingehen, in welchen Bereichen es zu einer positiven Entwicklung gekommen ist.
Manche Trauernde brauchen Jahre, um den Verlust zu verarbeiten. Vorgesetzte sollten sich fernhalten von Kommentaren wie „Irgendwann müssen Sie doch wieder in das Leben finden“, denn jeder geht mit der Trauer anders um. Fällt den Führungskräften allerdings auf, dass eine Bewältigung der Krise nicht in Sicht ist und die Lebensqualität des Mitarbeiters massiv beeinträchtigt ist, sollte ihm angeboten werden, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Hierzu stehen zahlreiche Adressen im Netz, die von Vorgesetzten und Führungskräften bei Bedarf weitergereicht werden können. Der Mitarbeiter selber wird aufgrund der psychischen Belastung die Kraft nicht aufbringen können, die Adressen selber rauszusuchen.
Fazit:
Der Tod eines nahen Angehörigen ist ein großer Schock für alle Beteiligten. In besonderem Maße natürlich für den Trauernden, aber auch für das unmittelbare Umfeld. Auf der Arbeit entsteht damit große Unsicherheit, wie mit dem Trauernden umzugehen ist. Umso wichtiger ist es, Hilfe im Arbeitsumfeld anzubieten. Direkt nach der Kenntnisnahme des Todesfalles sollte ein Kondolenzschreiben erfolgen. Besteht ein besonders Vertrauensverhältnis, kommt auch ein persönlicher Besuch infrage. Im Anschluss sollte Unterstützung im Arbeitsalltag erfolgen. Dieses kann durch Gespräche, flexibleren Arbeitszeiten, einer Freistellung und leichteren Aufgaben erfolgen.