Trauer und Trost mit Tarot
Wie Kartenlegen beim Verarbeiten von Verlusten helfen kann.

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Wenn Trauer wie eine schwere Decke das Herz umhüllt, sehnen sich viele Menschen nach einem kleinen Funken Licht. Manche finden diesen Trost in Ritualen, Gesprächen oder Musik – andere spüren innere Resonanz durch Tarot. Was einst als magische Orakelkarten galt, wird heute vielfach als Werkzeug zur Selbstreflexion genutzt – gerade in Zeiten von Verlust und Schmerz. In diesem Artikel erkunden wir, wie Tarot in der Trauerverarbeitung, beim Suchen nach Trost und als Ritual im Alltag wirken kann, und welche Grenzen und Fragen es dabei gibt.
Warum Tarot heute mehr als Wahrsagen ist
Das Tarot, ursprünglich im 18. Jahrhundert zu Unterhaltungs- und Spielzwecken genutzt, entwickelte sich rasch zu einem Mittel der Deutung, Reflexion und symbolischen Reise durch das eigene Innere . Heute geht es vielen nicht darum, die Zukunft vorherzusagen. Sondern darum, im Spiegel der Karten etwas über sich, die Situation, die Gefühle zu erfahren. Und so wird die Tarotkarte nicht zum hellseherischen Werkzeug – sondern zum freundlichen Spiegel, der innere Themen zeigt, mit denen man sich in einer rücksichtsvollen Haltung auseinandersetzen kann.
Trauer trifft Tarot: Eine ungewöhnliche Kombination
Trauer ist ein tief persönlicher Prozess, oft geprägt von Gefühlen, die sich kaum in Worte fassen lassen: Schmerz, Wut, Leere, Sehnsucht oder auch Schuld. Tarot kann helfen, diese Gefühle zu benennen – durch Bilder, Symbole und Fragen, die die Karten in den Raum stellen.
Ein bewegender Erfahrungsbericht stammt etwa von Annie Freshwater, die nach dem Verlust von Mutter und Bruder im Frühjahr 2023 Tarot und kreative Rituale kombinierte. Sie erzählt, wie ihr eine gezielte Tageskarte half, die Wucht der Trauer neu zu betrachten – und Perspektive zu gewinnen The Poetry Lab.
Karte „Tod“ als Helfer im Loslassen
Die wohl bekannteste Karte in Zusammenhang mit Trauer ist „Der Tod“ – Trumpf XIII. Zahlreiche Deutungen betonen, dass sie nicht den physischen Tod symbolisiert, sondern Wandel, Loslassen und Neubeginn Wikipedia+13brigitte.de+13meinekraft.ch+13.
Wenn diese Karte in einer Auslage erscheint, lädt sie ein, das Ende einer Lebensphase zu akzeptieren – und den Raum für Neues zu öffnen. Und gerade beim Verarbeiten von Verlusten kann das helfen: Statt sich an der Vergangenheit zu klammern, erlaubt diese Symbolik, einen Schritt weiterzugehen – in Würde und mit Verletzlichkeit.
Tarot-Spreads speziell für Trauer
Viele Tarot-Praktizierende haben eigene Legemuster (Spreads) entwickelt, die speziell für die Begleitung von Trost und Trauer geeignet sind. Das „Grief Spread“ von Sinead Fine etwa nutzt sechs Karten, um emotionale Fragen zu stellen: Was darf ich jetzt fühlen? Wann darf ich heilen? Gibt es eine Nachricht aus dem Jenseits? Sinead Fine.
Solche ausgearbeiteten Vorgehensweisen helfen, Trauer als Teil einer inneren Reise zu sehen. Das Symbol des Übergangs, inspiriert vom griechischen Totenfluss Styx, hilft, Trauer als Brücke zu verstehen – nicht als Sackgasse.
Eine unterstützende Gemeinschaft – online und offline
Viele Menschen suchen Rituale der Verbundenheit mit anderen. In Online-Foren und Social-Media-Gruppen zu Tarot und Trauer teilen Betroffene Erlebnisse: Ein Nutzer berichtet, wie beim Kartenlegen unmittelbar das Bild der verstorbenen Person aufschien – als „signed Dad x“, als kleine Berührung im Schmerz Reddit+6meinekraft.ch+6Etsy+6Reddit.
Die Gemeinschaft, das Sich-getragen-Fühlen, spielt dabei eine große Rolle. Kartenlesungen für Trauernde werden inzwischen sogar professionell in Beratungsangeboten angeboten – als Ergänzung zur Therapie oder zum Einzelgespräch.
Trost durch Bilder, Metaphern und Rituale
Wenn eine konkrete Emotion kaum greifbar ist, helfen Symbolik und Ritual. Tarot bietet beides:
- Bilder: Jede Karte enthält Archetypen – eine symbolische Sprache für Erfahrungen, die schwer in Worte zu fassen wären.
- Fragen: Die Karten geben Impulse: Soll ich jetzt loslassen? Was brauche ich, um wieder liebend weitergehen zu können?
- Haltungen: Rituale wie das bewusste Ziehen einer Tageskarte, eine Kerze beim Legen oder ein stilles Gebet machen den Übergang zwischen Innen und Außen spürbar.
Eine Tarot-Praktizierende schreibt, dass eine Karte wie die Stärke oft nicht bedeutet, Schmerz zu verdrängen – sondern ihn zu erlauben: „This is the quieter kind … Let your grief be messy“ Tarot.com. Das Kartenschwert wird so zum Symbol, nicht für Härte, sondern für eine sanfte Kraft des Mitfühlens mit sich selbst.
Grenzen – wenn Ritual Reflexion ersetzen soll
Wichtig ist: Tarot ist kein Wundermittel. Es kann weder Verluste ungeschehen machen, noch echte psychologische Begleitung ersetzen. Wer in tiefem Schwarz der Trauer steckte, kann durch Kartenimpulse nicht einfach aussteigen.
Tiefere professionelle Hilfe bleibt bei schweren Trauerverläufen (z. B. anhaltende Depression, selbstverletzende Gedanken) unverzichtbar – Tarot kann dann unterstützend wirken, aber nicht alleine aushelfen.
Tarot kann durchaus zunächst eine Form der Kontrolle suggerieren, die kaum besteht – etwa wenn man Antworten auf Fragen sucht, die nicht beantwortbar sind („Kommt er im Jenseits an?“). Wer sein Bedürfnis nach Gewissheit kontemplativ hinterfragt, kann Tarot gleichzeitig als Spiegel nutzen – statt als endgültige Antwortmaschine.
Integration in den Alltag: Ein Ansatz für Abschluss und Neubeginn
Viele Menschen finden in Tarot eine begleitende Praxis: Eine tägliche Karte mit Fokus auf Trost, eine wöchentliche Legung zur inneren Ausrichtung, gezielte Spreads zu bestimmten Lebensfragen.
Vor allem: Tarot zieht nicht aus der Trauer heraus – es hilft, sie zu verstehen. Diese Erkenntnis stärkt die Fähigkeit, Trauer zuzulassen, Rituale zu bilden und schließlich Entscheidungen zu treffen – statt in Ohnmacht zu verharren. So wird Tarot zu einem Teil einer umfassenderen Trauerbegleitung, die Herz, Geist und Seele einbezieht.
Fazit: Trauer braucht Raum – Tarot kann ihn öffnen
Trauer ist keine Krankheit – sie ist Reaktion, Erinnerung, Verbindung. Trost braucht nicht nur Worte, sondern Formen. Für manche Menschen sind die symbolischen Impulse des Tarot ein elementarer Teil, diesen Raum zu schaffen: mit Bildern, Fragen, Ritualen. Es ist nicht die Antwort, aber es hilft, die Frage zu betrachten.
Tarot allein heilt nicht. Aber wer achtsam ist, Grenzen erkennt, Trauer nicht allein lässt und bereit ist, sich auf einen inneren Dialog einzulassen, kann durch die Karten Halt finden. Der Schmerz bleibt – aber er bekommt wieder Atem. Und so kann irgendwann ein „weiter“ wachsen – in Erinnerung, in Wertschätzung, in einem besseren Miteinander mit dem, was war und was ist.