Die Organspende – für das Leben und den Fortschritt
Organspenden sind hierzulande immer noch umstritten – doch die Technik kann Leben retten.
Mit einer Organspende ein Leben retten zu können, setzt die Auseinandersetzung mit den Fragen der Moral und Ethik in dieser Thematik voraus. Unsere Gesellschaft normiert mithilfe des Ethikrates den Umgang mit schwierigen, humanen Themen. Auch für die Situation, in der der Tod ein Leben an die Schwelle seines Endes schickt – nicht vollends, er gibt die Richtung vor, in die es gehen könnte.
Die Entscheidung aber bleibt in den eigenen, persönlichen Händen.
Jeder hat zu Lebzeiten die Wahl zu entscheiden, ob er im konkreten Fall für seinen Körper den unberührten Tod wählt oder durch eine Organspende das Weiterleben eines anderen Menschen ermöglichen will.
Ein schöner Gedanke? Ein quälender, der erst zu Ende ist, wenn der Organspendeausweis bei den persönlichen Dokumenten seinen Platz gefunden hat.
Der Respekt vor dem Leben beinhaltet auch den Respekt vor seinem Ende. Nicht jedem ist es gleich, wie er aus dem Leben geht und wie er danach verbleibt.
Wer nach den Gesetzen und Geboten seiner Religion lebt, hat es vermutlich leichter, nicht zu einem Entschluss kommen zu müssen, weil der für ihn nicht diskutabel scheint. Sein Leben und sein Sterben sieht er in der Macht des Herrn und seines Glaubens. Wenn es um die Organspende geht, sind Moral und Ethik für ihn keine Themen, die zu diskutieren sind – sie unterliegen den mit dem Glauben verbundenen strengen Verhaltensnormen.
Oder haben Gläubige einen doppelten Konflikt auszutragen – einen mit sich und einen mit dem Herrn?
Der Konflikt der Gläubigen im Christentum hat sich in den zurückliegenden Jahrzehnten gelöst – die großen christlichen Kirchen ordnen die Organspende der Nächstenliebe unter die der körperlichen Unversehrtheit eines Leichnams.
Die Gesetzeslage
In Deutschland nimmt seit Jahren die Entwicklung der Reform in der Transplantationsmedizin einen breiten Raum ein. Die Stagnation der Bereitschaft zur Organspende verlangt die Ursachenforschung, damit die grundsätzliche Bereitschaft der Bevölkerung sich erhöht.
Ob ein Gesetz die Entscheidungsbereitschaft erhöht, ist fraglich, wenn es nicht gleichzeitig das Vertrauen der Spender in die Bedingungen der Entnahme eines Organs und in transparente Abläufe sichert.
Niemand wird automatisch Organspender. Nur demjenigen, der zu Lebzeiten seine Einwilligung gegeben hat, können Organe oder Gewebe entnommen werden. Die Zustimmung des nächsten Angehörigen kann eine fehlende Erklärung ersetzen.
Die im Organspendeausweis oder in einer Patientenverfügung zu Lebzeiten dokumentierte persönliche Entscheidung ist hilfreich, die Angehörigen vor der äußerst schwierigen Situation zu schützen, diese Entscheidung im Sinne des Spenders treffen zu müssen.
Die Stiftung Eurotransplant, als Vermittlungsstelle, organisiert seit 1969 die Vermittlung von Organen für den Verbund aus acht Ländern, die in länderübergreifender Kooperation die Chancen erhöhen, dass Patienten, schnell ein Organ zugeteilt werden kann, das lebensrettend für sie ist.
Die Warteliste auf ein Spenderorgan ist in Deutschland lang. Auf ihr stehen derzeit die Namen von ungefähr 9.400 Patientinnen und Patienten, die der Spende für ihr Leben bedürfen. Die Transplantation einer Niere, einer Leber, einer Bauchspeicheldrüse, einer Lunge, eines Herzens oder des Dünndarms ist medizinisch möglich.
Sowohl die Entnahme von Organen der Lebendspender als auch die Übertragung von Organen auf Empfänger ist ausschließlich den dafür in Deutschland derzeit 50 zugelassenen Transplantationszentren gestattet.
Die Entnahmen von Organen toter Spender sind durch 1300 sogenannter Entnahmekrankenhäuser organisiert.
Leben retten – Leben schenken
Ich habe ihm oder ihr das Leben ein zweites Mal geschenkt, könnten nur Mütter von sich behaupten. Ich habe mit meiner Organspende das Leben gerettet, können alle die sagen, die auf ein Organ verzichtet oder den Teil eines Organs abgegeben haben.
Die Lebendorganspende macht die Spender zum Helden, wenn sie zu Lebzeiten das hohe Risiko eingegangen sind, gesundheitliche Einschränkungen hinnehmen zu müssen oder ihr eigenes Leben dabei zu verlieren. Der Personenkreis ist für bestimmte Organe – die Niere, Teile der Leber – gesetzlich definiert: Spender und Empfänger müssen nah miteinander verwandt oder stark miteinander verbunden sein.
Wenn es nicht die Liebe zu einem Menschen ist, ist die Organspende Solidarität – Solidarität mit dem Leben eines anderen.
Leben retten, wenn man selbst nicht mehr leben kann – eine Überlegung, die nicht menschlicher sein kann. Zu wissen, dass es viele Menschen gibt, die nur mit einer Organspende auf ein Weiterleben hoffen können, kann Motivation für die Spende sein.
Wenn dabei der Gedanke kommt, es könnte ein Mensch sein, mit dem man in Liebe verbunden ist, fällt die Entscheidung für eine Organspende leichter. Niemand weiß, ob genau das sein könnte.
Das Problem mit dem Tod
Wenn der Ausfall der Funktionen des gesamten Gehirns nicht mehr durch intensivmedizinische Interventionen oder chirurgische Möglichkeiten behoben werden kann, wird der Hirntod durch zwei voneinander unabhängige Fachärzte festgestellt. Damit steht der Mensch für eine Organspende zur Verfügung. Vorausgesetzt, er hat ihr zu Lebzeiten zugestimmt oder nahe Angehörige sprechen sich dafür aus, wenn der Patient die Organspende nachweislich nicht abgelehnt hat.
Solange die Möglichkeit, mit medizinischen Geräten den Körper am Leben zu halten besteht, fällt es nicht leicht zu begreifen, dass ein Mensch tot ist.
Die Frage, ist ein Mensch tatsächlich tot, wenn sein Gehirn nicht mehr lebt, ist für alle Nicht-Mediziner nicht zu begreifen.
Die Hoffnung, es könnte doch sein, dass das Leben vollständig zurückkommt, stirbt nicht automatisch mit der Feststellung, dass der Mensch hirntot ist.
Das Sprichwort „Die Hoffnung stirbt zuletzt“ wird für alle die Menschen zur Realität, die über Monate am Bett des Patienten sitzen und nicht akzeptieren vermögen, was die Wissenschaft behauptet. Das ist menschlich.
Wenn Emotionen klare Gedanken der Rationalität unmöglich machen, können Entscheidungen nicht getroffen werden, mit denen weitergelebt werden muss. Die Last der Entscheidung kann mit einer eindeutigen Aussage zur rechten Zeit über das Handeln im Fall aller Fälle den Menschen erspart werden, die man liebt. Damit ist die Beantwortung der Frage dort, wo sie hingehört – bei dem, der selbstbestimmt leben und sterben möchte: Er kann zu Lebzeiten sich für das eine oder andere entscheiden und seine nächsten Angehörigen oder eine nahestehende Person darüber in Kenntnis setzen.
Vertrauen in die Ärzteschaft
Voraussetzung für die richtige Entscheidung über die Option der Organspende ist das Vertrauen in die Mediziner, das Richtige zu tun. Weil die Welt nicht frei von Manipulationen und Verstößen gegen gesetzte Regeln ist, wird in Deutschland die Transplantation und die Spende von Organen durch ein Netz an Gesetzen, Vorschriften und Richtlinien weitestgehend geschützt und die Einhaltung durch verschiedene Gremien und Kommissionen kontrolliert.
Gesetzlich geregelt und staatlich überwacht sind sowohl die Feststellung des Hirntodes als auch die Entnahme der Organe und der würdevolle Umgang mit dem Spender.
Die Angehörigen haben das Recht, sich in jeder gewünschten Art und Weise von dem Verstorbenen zu verabschieden und anschließend zu bestatten.
Leben retten und weitere Zeit des Lebens schenken, entspricht einem zutiefst humanen Handeln.
Mit der Entscheidung für eine Organspende dient jeder dem Leben derer, die auf der Warteliste für Spenderorgane auf eine Transplantation namentlich geführt sind, aber auch denen, die durch ein akutes Ereignis auf ein Ersatzorgan angewiesen sind.
Ein gutes Gefühl, auf der Seite der Spender zu stehen und bereit zu sein, dem Leben direkt und gleichzeitig dem Fortschritt in der Transplantationsmedizin zu dienen.