Traueretikette – wie verhalte ich mich auf einer muslimischen Trauerfeier?
Was Trauergäste bei einer muslimischen Bestattung beachten sollten.
Jede Gesellschaft, Kultur und Religion hat bei einer Beerdigung und den damit verbundenen Trauerritualen eigene Regeln. Das muss man wissen, wenn man als Bestatter, als Trauergast oder als eingeheiratetes Familienmitglied an einer muslimische Beerdigung teilnimmt. Wer ein paar kulturelle Spielregeln als Gast bei einer muslimischen Bestattung beachtet, bezeugt dem oder der Verstorbenen sowie den trauernden Hinterbliebenen seinen Respekt. Dieser kleine Ratgeber will dabei helfen, peinliche Fettnäpfchen bei einer muslimischen Beerdigung zu vermeiden und die gebotene Etikette zu wahren.Muslimische Beisetzung immer als Erdbestattung und ohne Sarg.
Eine Voraussetzung verbindet alle islamischen Beisetzungen: Grundsätzlich ist eine muslimische Bestattung immer eine Erdbestattung und wird ohne Sarg vollzogen. Eine Verbrennung des Leichnams mit anschließender Urnenbeisetzung ist nach islamischem Glauben verboten. Ansonsten gibt es auch bei Beisetzungen nach muslimischem Ritus Unterschiede im Detail, abhängig vom Herkunftsland des Verstorbenen und der Glaubensrichtung innerhalb des Islams. Wenn also ein deutscher Bestatter den Auftrag erhält, eine muslimische Bestattung durchzuführen, sollten die gewünschten Details bei der Beisetzung im Vorfeld behutsam und respektvoll mit den Angehörigen besprochen werden.
Muslimische Beisetzungen auch auf deutschen Friedhöfen möglich
Während früher in der Regel muslimische Verstorbene aus dem Ausland in ihre Heimat überführt und dort nach islamischem Ritus bestattet wurden, werden heute immer mehr der hier geborenen oder schon lange lebenden Muslime in Deutschland nach den Riten ihres Glaubens beigesetzt. Auf vielen deutschen kommunalen Friedhöfen vor allem in größeren Städten gibt es mittlerweile muslimische Gräberfelder, auf denen ausschließlich Verstorbene islamischen Glaubens beigesetzt werden. Dort haben die Hinterbliebenen weniger Probleme, ihre Toten nach den Bestattungs- und Trauerregeln im Koran beerdigen zu lassen. Denn es gibt einige der islamischen Bestattungsgebote, die mit den Vorschriften deutscher Friedhofssatzungen nur schwer zu vereinbaren sind. In dem islamischen, vom übrigen Teil des Friedhofs abgegrenzten Bereich sind die Vorschriften und Rituale einer muslimischen Beerdigung leichter einzuhalten. Lediglich der Wunsch nach einem, wie vom Koran gefordert, „Grab für die Ewigkeit“ lässt sich auch dort kaum verwirklichen.
Muslimische Rituale auf dem Friedhof bis zur Beisetzung – das muss man wissen
Die Rituale für eine muslimische Beerdigung sind streng geregelt und für verstorbene Frauen etwas anders als für Männer. So ist die Waschung des Leichnams sehr wichtig für islamisch geprägte Hinterbliebene und symbolisiert die Reinigung des oder der Verstorbenen von allen Sünden vor Aufnahme in den Himmel. Verstorbene Männer werden dabei nur von Männern, meist von einem Imam, dem islamischen Geistlichen, gewaschen, und verstorbene Frauen ausschließlich von Frauen. Auf deutschen Friedhöfen mit einem islamischen Abschnitt wurden zu diesem Zweck mittlerweile spezielle Waschräume eingerichtet. Auch hier ist die Trennung von Männern und Frauen vorgeschrieben, woran sich auch die nichtmuslimische Partnerin oder der Partner in gemischten Ehen zu halten haben.
Differenzen zwischen muslimischen Bestattungen und deutschen Behördenvorschriften
Die gewaschenen Verstorbenen werden nach islamischem Ritus in weiße Leintücher gewickelt und nach dem Sprechen des Totengebets ohne Sarg im Grab beigesetzt. Da auf deutschen Friedhöfen in der Regel die Sargpflicht herrscht, ist eine solche Form der sarglosen islamischen Beisetzung nur auf entsprechenden Grabanlagen mit Sondergenehmigung möglich. Da es dafür auf deutschen Friedhöfen zur Zeit noch keine einheitlichen Regelungen gibt, ist die sarglose islamische Bestattung mit viel Fingerspitzengefühl und in Absprache mit den kommunalen Friedhofsbehörden zu klären.
Bestattung unmittelbar nach Todeseintritt in Deutschland schwer umsetzbar
Auch die an sich strenge islamische Vorschrift, Verstorbene unmittelbar nach Todeseintritt und Waschung beizusetzen, kann nicht immer im Einklang mit deutschen Behördenvorgaben eingehalten werden: Aus Sicherheitsgründen ist in Deutschland eine Bestattung erst nach 48 Stunden möglich. Daher sollten diese Details rechtzeitig vor der Beisetzung durch eine Vertrauensperson aus der Familie mit den Behörden geklärt werden, um Unstimmigkeit bei der muslimischen Beerdigung im Vorfeld zu vermeiden. Hier kann auch der Bestatter als diplomatischer Vermittler auftreten, um eine einvernehmliche Lösung zu finden. Übrigens sind islamische Grabfelder auf deutschen Friedhöfen immer nach Mekka, der heiligen Stadt der Muslime, ausgerichtet.
Zum besseren Verständnis von Trauerriten im Islam
Neben dem Akt der Beisetzung, der an gewisse behördliche Vorgaben auf deutschen Friedhöfen auch für muslimische Beerdigungen geknüpft ist, gibt es bestimmte Trauerriten im Islam. So gehen muslimische Hinterbliebene anders und offener mit ihrem Schmerz über den Verlust des Verstorbenen um. Muslime trauern nicht still in sich hinein, sondern zeigen dabei offen sowie deutlich sichtbar und hörbar ihre Gefühle. Entsprechend lebhaft und laut geht es auf einer muslimischen Trauerfeier zu. Dass muslimische Hinterbliebene anders trauern, sollte respektiert und von den nicht-muslimischen Trauergästen mit Verständnis akzeptiert werden. Das gilt auch für gemischte Ehen, die bei einem Trauerfall in der Familie lernen müssen, mit der jeweils anderen Art zu trauern des Partners umzugehen. So ist es gerade bei muslimischen Frauen in Trauer üblich, laut weinend und schreiend vor dem offenen Grab zu stehen und so ihren Schmerz in der Öffentlichkeit herauszulassen.
Andere Art von Trauerriten im Islam respektieren
Deutsche Hinterbliebene trauern in der Regel ruhig, ernst und meist schweigend, erlaubt sind allerhöchstens still geweinte Tränen. Der laut geäußerte Schmerz muslimischer Trauernder ist allerdings keine respektlose Theatralik, sondern der kulturell bedingt so ganz andere Umgang mit Verlust und Schmerz. Das sollte man vermeiden, wenn man als Nicht-Muslim vor Trauerschmerz laut weinenden und schreienden Muslimen und Muslima etwas ratlos gegenüber steht: das Aufwallen der Gefühle zu beschwichtigen oder peinlich berührt wegschauen. Am besten und respektvollsten der anderen Trauerkultur gegenüber ist es, die Menschen in ihrem Schmerz so zu lassen wie sie sind und warmherzig sein Mitgefühl auszudrücken. Wer das Bedürfnis hat, selber laut zu weinen und zu klagen sowie seinen Tränen freien Lauf zu lassen, kann das auf einer muslimischen Trauerfeier gerne tun. Muslimische Trauernde gehen sehr offen, direkt und mitfühlend miteinander um, keiner wird in seinem Schmerz allein gelassen. Allerdings gilt das laute und dramatische Trauern in der Öffentlichkeit, das bis zu körperlichen Zusammenbrüchen führen kann, in der Regel nur für Frauen. Männern ziehen sich zum Trauern häufig in separate Trauerräume zurück.
In der muslimischen Trauerzeit von 1 Jahr auch keine gemischten Ehen schließen
Die Trauerzeit ist unter muslimischen Hinterbliebenen traditionell exakt bis ins Detail reguliert. Prinzipiell gibt es drei Phasen: Nach einer Zeit des sehr intensiven Trauerns zu Hause von bis zu 1 Woche beginnt eine Trauerzeit von 40 Tagen, die mit einem großen Essen zur Erinnerung an den Verstorbenen endet. Ganz abgeschlossen ist die offizielle Trauerzeit für die betroffene Familie allerdings erst am Tag genau ein Jahr nach dem Todesfall. Das sollte man vermeiden während dieser Zeit: Familienfeiern wie Hochzeite sollten in dieser Zeit nicht veranstaltet werden. Das gilt übrigens auch für gemischte Ehen.
Anders als auf christlichen Beisetzungen keine Kränze und üppigen Trauergebinde
Wer sich als Trauergast auf einer muslimischen Beerdigung nicht sicher ist, wie die Trauerriten im Islam im Einzelnen ablaufen, kann sich mit diesem Ratgeber entsprechend vorbereiten: Kränze und üppiger Blumenschmuck sind in der Regel nicht erwünscht, da muslimische Gräber bis auf den schlichten flachen Stein am Kopfende schmucklos sind. Wer mag, kann als Ausdruck von Respekt und Beileid einen kleinen schmucklosen Strauß sehr schlichter Blumen oder ein paar feuchte grüne Zweige mitbringen und vor dem Grab ablegen.
Während der Trauerfeier nicht hinsetzen und Frauen grundsätzlich mit Kopftuch
Das sollte man vermeiden: sich vor dem Ende der muslimischen Trauerfeier hinzusetzen, denn sie wird durchgehend bis zum Schluss im Stehen absolviert. Frauen sollten zu einer muslimischen Trauerfeier auf jeden Fall mit Kopftuch erscheinen – auch wenn sie keine Muslima sind und sonst kein Kopftuch tragen. Davon abgesehen, darf jeder zu einer muslimischen Beerdigung in seiner Alltagskleidung erscheinen: spezielle, schon gar nicht schwarze Trauerkleidung ist weder für Männer noch für Frauen vorgeschrieben.
Ratgeber: Diese Punkte sollte man als Nicht-Muslim unbedingt bei muslimischen Trauerfeiern beachten
- Männer und Frauen trauern getrennt
- Lautes Weinen und Schreien akzeptieren
- Keine christlichen Symbole im Trauerraum
- Keine Kränze und üppigen Gebinde
- Keine spezielle Trauerkleidung
- Während der Trauerfeier durchgehend stehen
- Auch nicht-muslimische Frauen mit Kopftuch zur Beerdigung
Genutzte Quellen:
https://www.caritas.de/magazin/zeitschriften/sozialcourage/migmag/ein-kreuz-auf-dem-sarg-und-den-kopf-nach
https://am-lebensende.de/islamische-bestattung/
https://www.nzz.ch/article9M3AF-ld.301889
https://de.wikipedia.org/wiki/Islamische_Bestattung
https://www.islamiq.de/2014/11/05/islamische-trauerrituale-muslime-wollen-ein-grab-auf-ewig/
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